Veronika Mirschel (ver.di) über das Haus der Selbstständigen und "Gute Arbeit für Selbstständige"

Was heißt "Gute Arbeit" für Selbstständige und welche Bedeutung hat gemeinsames Handeln dabei? Was erhofft sich ver.di vom Haus der Selbstständigen (HDS) und welche Erwartungen sind damit verbunden? Diese Fragen beantwortet Veronika Mirschel vom ver.di-Referat Selbstständige in diesem Blogbeitrag.

 

Der Zusammenschluss für die neue Projektphase

Gute Arbeit für Selbstständige! Unter dieser Überschrift ist das Haus der Selbstständigen (HDS) in seine zweite, nunmehr vierjährige und bundesweite Projektphase gestartet. Diese vier Worte stehen auch für das, wofür wir als ver.di-Referat Selbstständige gemeinsam mit den Aktiven unter den 30.000 solo-selbstständigen ver.di-Mitgliedern arbeiten.

Mit der Berliner Beratungsgesellschaft ArbeitGestalten, mit Arbeit und Leben NRW, der DGB-eigenen politischen Jugend- und Erwachsenenbildung, mit der Agentur für soziale Innovation Social Impact, dem Lehrstuhl für Bürgerliches Recht und Arbeitsrecht an der Georg-August-Universität Göttingen sowie der Agentur für Kommunikation zwonull wurde zum Jahresbeginn 2023 unter der Konsortialführung von INPUT ein deutlich arbeitsweltlich ausgerichteter Zusammenschluss auch im HDS geschaffen.

 

Was erhofft sich ver.di vom HDS?

Gute Arbeit für Selbstständige – das heißt für uns (und das erhoffen wir uns vom HDS): eine größere Anerkennung und Wertschätzung der (solo-)selbstständigen Erwerbsform aber auch hybrider Tätigkeiten gesellschaftlich voranzubringen. Nicht durch Stellvertreter*innenpolitik, sondern in engem Zusammenspiel mit Selbstständigen. Gemeinsam mit ihnen und weiteren solidarisch ausgerichteten Berufsverbänden tragen wir den Gedanken in die Gesellschaft hinein, dass die knapp zwei Millionen Solo-Selbstständigen hierzulande als Ego-Shooter wenig ausrichten können und werden.

Dafür erhoffen wir uns von den wissenschaftlich orientierten Partner*innen des HDS, dass sie die – in unserer gewerkschaftlichen Alltagsarbeit – bislang bestehenden Forschungslücken zur Lebens-und Arbeitswelt jenseits der abhängigen Beschäftigung aufdecken und im besten Falle praktikable Möglichkeiten erarbeiten, wie diese zu schließen wären. Mit den bunt aufgestellten Professionen und Kompetenzen der Arbeitsrechtler*innen, Arbeitssoziolog*innen, Berater*innen, Bildungsmenschen und nicht zuletzt Gewerkschafter*innen im Team sollte es möglich sein, weitere fundierte Ideen, Wissensbausteine und Angebote zu entwickeln, die Solo-Selbstständige und ihre Interessenvertretungen nutzen können. Denn deren Stärkung steht – so sieht es die Projektvorgabe des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) vor – im Mittelpunkt des großen Aufgabenpakets, das die vier Anlaufstellen des HDS in Leipzig, Berlin, Hamburg und Köln bewältigen sollen. Das BMAS beschreibt sie als „Kompetenz-, Vernetzungs- und Beratungszentren zur Bewältigung des insbesondere digital getriebenen Wandels der Arbeitswelt“, schließlich komme für die Solo-Selbstständigen „der Stärkung von gemeinsamen Interessenvertretungen und kollektiven Maßnahmen − auch im Hinblick auf ihre Entlohnung − große Bedeutung zu.“

 

Gemeinsames Handeln für Gute Arbeit

Die in ver.di aktiven solo-selbstständigen Kolleg*innen haben es in dem Appell: „Auf zum Kassenkampf – gute Arbeit hat ihren Preis!“ kurz zusammengefasst. Da ist sie wieder, die Gute Arbeit: Solo-Selbstständigkeit muss und darf kein Synonym für „prekäre Arbeit“, schlecht honorierte Erwerbstätigkeit und Unsicherheit sein. Für die Durchsetzung besserer Vergütung verstehen sich die (meisten) gewerkschaftlich organisierten Solo-Selbstständigen ebenso wie jene Berufsverbände, die Solidarität untereinander als zentrale Aufgabe verstehen, nicht als Teile eines Wirtschaftsverbandes, sondern als Mitglieder einer Sozialpartner-Partei, die wissen, dass nur durch gemeinsames Handeln Augenhöhe mit übermächtigen Auftraggebern erreicht werden kann.

 

"Kollektivrecht für Solo-Selbstständige"

Dass ver.di und das HDS (nicht nur) an dieser Stelle gleich ticken, zeigte sich an der Auftaktveranstaltung zur zweiten Projektphase, dem Fachsymposium „Kollektivrecht für Solo-Selbstständige – Möglichkeiten, Grenzen und Reformbedarf“, das in Kooperation mit dem Hugo Sinzheimer Institut Ende März 2023 stattfand. Gemeinsam arbeiteten eine Politikwissenschaftlerin, Gewerkschaftsvertreter*innen, ein Vertreter des BMAS und vor allem Juristen Handlungsbedarfe und die Optionen für kollektives Handeln heraus. Sie lieferten damit einen Baustein, um nicht nur die erwähnten Forschungslücken zu schließen, sondern davon ausgehend auch gesellschaftspolitischen Handlungsbedarf aufzuzeigen und anzuregen.

Darum wird es – unter Federführung von INPUT in Zusammenarbeit mit den Konsortialpartner*innen, Verbänden und Solo-Selbstständigen – auch im nächsten großen Vorhaben im HDS gehen. Jenseits der akademischen Arbeit wird es konkret: Beispielsweise steht jetzt die Erarbeitung eines Index Gute Arbeit für Solo-Selbstständige an. Toll!

 

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